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HARZER GESICHTER
Von Bienen und Banausen
Es ist schon zwanzig Jahre her.
Aber wenn Hans Schweiger an die streitenden Frauen denkt, die sich in einem Treppenhaus wütend mit Heringen beschmissen haben, könnte er sich immer noch kaputtlachen. Kramt der Polizist in seiner Erinnerung, fördert er lustige, beschauliche oder skurrile Geschichten über kleine und große menschliche Abgründe, über Rüpel und Raufbolde zutage. „Hätte ich bloß mal alles aufgeschrieben", sagt der Lerbacher nachdenklich und schiebt eine Hand in den Nacken.
Einmal hat ihn ein äußerst tatkräftiger Banause an einen Garderobenhaken gehängt, weil der Mann verhindern wollte, daß sein Sohn verhaftet wird. Und eines Nachts gab es einen Rohrbruch im Osteroder Obdachlosenasyl: Die Überschwemmung nutzte ein Betrunkener, um sein Bettzeug aufzuschlitzen und sich in den Federn zu suhlen wie ein Schweinchen. „Wir dachten, vor uns steht 'ne Gans", lacht Hans Schweiger, den alle Kollegen liebevoll nur „Maxe" nennen.
Dank an Schutzengel
Seit Juli 1967 tut er Dienst in der Polizeiinspektion Osterode und ist längst zu einem stadtbekannten Original geworden. Früher fuhr er meistens Streife, heute sitzt er fast ausschließlich im Wachlokal und ist in seiner Schicht immer erster Ansprechpartner für die Beschwerden, Sorgen und Nöte der Bürger. Lang ist's her, da rettete Schweiger mit einem Kollegen sogar mal einen Selbst-mord-Kandidaten. „Der hatte sich schon aufgehängt. Wir kamen buchstäblich in letzter Sekunde." Danach besuchte der junge Mann seine Schutzengel oft auf der Wache, um sich zu bedanken.
Mit seiner freundlichen Art gewinnt Hans Schweiger sofort das Vertrauen seiner Mitmenschen. Manche private Geschichte mußte sich der 57jährige schon anhören und wie ein Priester Seelentrost spenden. Auch die kleinen Ganoven und sogar die miesen Missetäter werden von dem ehemals gelernten Metallgießer nett behandelt, was ihm in deren Kreisen einen entsprechend guten Ruf brachte.
Ruhe und Kraft für seine anstrengende Arbeit findet Hans Schweiger in seinem Hobby: Der passionierte Imker verbringt viele Stunden an den Bienenstöcken, beobachtet die fleißigen Insekten und erntet schließlich eimerweise Honig, den er privat verkauft. Ohne die Hilfe seiner Frau Brigitte wäre das nicht möglich. Sie unterstützt ihn, wo es nur geht, auch in seiner Arbeit als Vorsitzender des Osteroder Imkervereins.
Die drei Kinder sind aus dem Haus, so bleibt seit einigen Jahren mehr Zeit für die Imkerei. Von April bis September fahren die Eheleute täglich zu ihren Bienenstöcken nach Dorste, zum Feldbrunnen oder an die Sösetalsperre, um nach dem Rechten zu sehen. „Ich weiß noch, wie stolz mein Mann auf seine erste Honigernte war", erzählt Brigitte Schweiger. „So hat er eigentlich nie wieder gelächelt."
13 Jahre alt war der gebürtige Ostpreuße, als er seinen ersten Bienenstock geschenkt bekam und die Faszination der Schwarzgelben hat ihn seither nie mehr losgelassen.
Für ein Amt bleibt neben Polizei und Imkerei aber noch Zeit: Seit 25 Jahren ist Hans Schweiger der Kirchenvorsteher in Lerbach. Sicher ein guter Ausgleich zu Gangstern und Gesumm