Asiatische Hornisse jetzt auch in Norddeutschland nachgewiesen
- Hinweise zum Umgang mit dieser gebietsfremden, invasiven Art -
Dr. Otto Boecking
Im September 2019 wurden erstmals einzelne Exemplare der Asiatischen Hornisse Vespa velutina nigrithorax in Hamburg entdeckt. Dem schloss sich der Fund eines verlassenen
Nestes des Vorjahres im Frühjahr 2020 an. Damit liegt ein erster Reproduktionsnachweis für diese gebietsfremde und als invasiv eingestufte Hornissenart auch für den Norden von Deutschland vor. Daraus ergibt sich jedoch kein Grund zur Beunruhigung oder gar für falsch verstandenen Aktionismus. Da diese nicht-heimische, invasive Art in die Kategorie der Früherkennung nach den Vorgaben der Europäischen Kommission fällt, wollen wir Sie hier entsprechend informieren und zur umsichtigen Unterstützung aufrufen.
Wichtig ist zunächst hervorzuheben, dass es sich bei der im Jahre 2004 erstmals nach Europa eingeschleppten und jetzt auch in Hamburg nachgewiesenen Asiatischen Hornisse eben nicht um die Asiatische Riesenhornisse Vespa mandarinia handelt, die aktuell in den USA Schlagzeilen in der Sensationspresse macht. Dort sind von dieser fremden Art bislang lediglich Einzel-exemplare gefundene worden. Aber schon jetzt werden ihr von vornherein fragwürdige Attribute unterstellt und sie als „murder hornet“ oder als „Honigbienenkillerin“ bezeichnet. Die Asiatische
Riesenhornisse kommt in Deutschland nicht vor!
Sowohl die Königinnen als auch deren Arbeiterinnen und Drohnen der Asiatischen Hornisse(Vespa velutina nigrithorax) unterscheiden sich deutlich von der heimischen Hornisse (Vespa crabro), wie man das oben auf der Darstellung gut erkennen kann. Auf den ersten Anblick sind die Asiatischen Hornissen insgesamt etwas kleiner und dunkel gefärbt. Die heimische Hornisse fällt hingegen durch ihren gelb-schwarz gemusterten Hinterleib auf. Das ist ein Erkennungsmerkmal, welches allen heimischen sozialen Faltenwespen gemein ist. Aufgrund dieser sehr
spezifischen Farbgebung ist eine Unterscheidung von der heimischen Hornissenart sehr einfach möglich. Arbeiterinnen der Asiatischen Hornisse erreichen eine Körperlänge von bis zu 2,5 cm, Königinnen von bis zu 3 cm. Damit sind sie etwas kleiner als die heimische Hornissenart, bei der Arbeiterinnen eine Körperlänge von bis zu 3 cm, Königinnen von bis zu
3,5 cm erreichen.
Trotz dieser Unverwechselbarkeit sind in den letzten Jahren leider schon Nester der heimischen Hornisse zerstört und Königinnen unnötig getötet worden, weil man annahm, es seien
Asiatische Hornissen. Das ist ein Verstoß gegen deren Schutzstatus nach der
Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV). Die heimische Hornisse (Vespa crabro) ist als besonders geschützte Art nach BArtSchV Anlg.1 in Verbindung mit dem § 44
Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) eingestuft.
Die Invasion der Asiatischen Hornisse nach Europa begann schon 2004
Die ursprüngliche Heimat der Asiatischen Hornisse mit der Varietät Vespa velutina nigrithorax liegt in China sowie in der Grenzregion zwischen Indien und Myanmar. Das erste Exemplar dieser Art wurde in Europa im Jahre 2004 in Südwestfrankreich gesichtet. Nachweislich reiste
diese Art zunächst unbemerkt über asiatische Import-Töpferwaren nach Europa. Sie breitete sich in den Folgejahren schnell über Frankreich und in Teilen Spaniens, Portugals, Italiens, Belgiens, der Niederlande, Großbritanniens und im Südwesten Deutschlands aus. Der Erstnachweis in Deutschland erfolgte im Spätsommer 2014 in Waghäusel bei Karlsruhe (BW) und der erste bestätigte Nestfund gelang im November 2014 in Büchelberg (RP). Der bisher
nördlichste Nachweis dieser wärmeliebenden Hornissenart erfolgte jedoch im September 2019 dann in Hamburg-Billbrook. Ungeklärt ist, ob die Asiatische Hornisse im Rahmen der natürlichen Ausbreitung vom Süden Deutschlands nach Hamburg gelangt ist oder ob es sich
womöglich um eine weitere Einschleppung aus Asien und eventuell über den Hamburger Hafen handelt.
Welche potentiellen Folgen hat die Invasion der Asiatischen Hornisse?
Alle Hornissen zählen zur Familie der Faltenwespen und sie sind allem Volksglauben zum Trotz überhaupt nicht gefährlicher als z.B. Honigbienen. Sie sind sehr friedlich und vor allem sehr nützlich für unser Ökosystem insgesamt. Wenn auch der Kenntnisstand über die potentiellen Wirkungen dieser Asiatischen Hornisse hierzulande noch begrenzt ist, so zeigen die
Erfahrungen aus den Nachbarländern und Süddeutschland deutlich, dass sie keine
außergewöhnliche Bedrohung für die Imkerei darstellt. Das gilt bekanntlich auch für unsere heimische Hornissenart, die eher selektiv, einzelne wenige Honigbienenarbeiterinnen fängt. Honigbienen sind zwar für die Asiatische Hornisse oft der wichtigste Bestandteil ihres Nahrungsspektrums. Sie erjagt sie aber auch nicht ausschließlich. Eine Zerstörung ganzer Honigbienenvölker findet nicht statt, es sei denn, es handelt sich um vorgeschwächte Völker.
Allein die hiesigen Witterungsbedingungen verhindern, dass die Asiatischen Hornissen vergleichbar große Nester anlegen können, wie dies in ihrer Heimat der Fall ist. Darum sind Sorgen der Imker unbegründet. Ob es durch diese fernöstliche Art zu Problemen in hiesigen Ökosystemen kommen kann, ist nicht bekannt. Andererseits gibt es bislang dazu keinerlei wissenschaftlichen Hinweise, auch nicht aus Frankreich, wo diese Insekten erstmals schon vor 16 Jahren aufgetreten sind. Von daher ergibt sich derzeit kein Grund zur Beunruhigung oder
gar für falsch verstandenen Aktionismus.
Als invasive Art von der Europäischen Kommission (KOM) eingestuft
Die KOM hat dennoch die Asiatische Hornisse als gefährlich für die Imkerei und sogar für ganze
Ökosysteme eingeschätzt und sie sodann 2014 auf die Liste der invasiven Arten gesetzt. Die EU hat seinerzeit einen für alle Mitgliedstaaten verbindlichen Rechtsrahmen für den Umgang mit invasiven gebietsfremden Pflanzen- und Tierarten geschafften und mit Inkrafttreten der Verordnung (EU) 1143/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober
2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten sind die Vorgaben auch für Deutschland bindend. Diese Verordnung zielt grundsätzlich auf die Prävention der Einbringung, die Schaffung von Überwachungs- und Frühwarnsystemen, die Beseitigung von Populationen in frühen Invasionsphasen und das Management bereits etablierter Populationen invasiver, gebietsfremder Arten ab. In der sogenannten Unionsliste sind insgesamt 66 invasive gebietsfremde Pflanzen- und Tierarten
derzeit aufgeführt, deren negative Auswirkungen auf die Biodiversität als erheblich angesehen werden. Diese Arten besitzen nach Experten-einschätzung ein hohes, länderübergreifendes Ausbreitungspotenzial, so dass ein konzertiertes, auch Mitgliedsstaaten übergreifendes Vorgehen auf Unionsebene als notwendig erachtet wird, um so den potentiell negativen
Auswirkungen begegnen zu können. Mindestens 37 von diesen 66 gelisteten Arten kommen in Deutschland schon jetzt wildlebend vor – darunter u.a. die Asiatische Hornisse. Das Bundesamt für Naturschutz BfN hat zuständigkeitshalber im Jahre 2018 für diese Arten einen Aktionsplan
erstellt, der u.a. Maßnahmen zur Sensibilisierung, Früherkennung, zur Beseitigung und Notifizierung enthält.
Die Asiatische Hornisse ist in Deutschland noch nicht weit verbreitet und befindet sich noch in einer frühen Phase der Invasion und unterliegt somit der 2.Phase in der Umsetzung der VO (EU) 1143/2014. Damit ist das folgende Ziel definiert: eine vollständige und dauerhafte
Beseitigung dieser invasiven Art mit Dokumentation über Notifizierungen an die EU KOM. Diese Zielsetzung ist ergebnisoffenen formuliert, denn auch bei anderen invasiven Arten hat sich in
der Vergangenheit gezeigt, dass sie nach ihrem Erstnachweis nicht mehr beseitigt werden können.
Was kann man tun und was muss unbedingt vermieden werden?
Nach den Vorgaben der VO (EU) 1143/2014 muss jedes Vorkommen schnellstmöglich gemeldet werden. Adressaten für solche Nachweise sind die zuständigen Umweltbehörden. Daran sollte sich jeder beteiligen. Wir empfehlen der Imkerschaft hier umsichtig zu handeln. Wie eingangs gezeigt, lässt sich die Asiatische Hornisse gut von der heimischen Hornissenart unterscheiden. Über jede angetroffene heimische Hornisse sollte man sich freuen, denn jedem Imker sollte inzwischen der besondere ökologische Wert von sozialen
Faltenwespen bekannt sein. Sollten Sie hingegen Individuen der Asiatischen Hornisse sehen oder deren Nest, dann beteiligen Sie sich gerne an dem Monitoring, indem Sie ihre Fundmeldung direkt an die zuständige Umweltbehörde weitergeben. Grundsätzlich verbietet sich aber der Versuch der Asiatischen Hornisse mit gekauften oder
selbst gebauten Lockfallen nachzustellen. Keine dieser Fallen wirkt selektiv und so besteht die reale Gefahr gar andere Insekten anzulocken. Die Wahrscheinlichkeit ist groß dann womöglich auch noch seltene, nach der BArtSchV geschützte Arten dabei zu töten.
LAVES Bieneninstitut Celle
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