Freitag, 30. Januar 2015

Imker kritisieren den massiven Einsatz von Pestiziden


Die Gefahren von Pestiziden nicht nur für Honigbienen waren der Schwerpunkt eines Vortragsabends auf der Bettenburg. Anlass für die öffentliche Veranstaltung am Freitag: Das Jahrestreffen der Demeter-Imker aus dem deutschsprachigen Raum.
Neben den Teilnehmern der Tagung waren Imker aus der Region der Einladung gefolgt. Für einen Fachmann wie Werner Hornung (Gemeinfeld), Tiermediziner und Kreisvorsitzender des Deutschen Imkerbundes, brachte der Abend „nichts Neues, es war eine gute Wiederholung“. Das Thema Pestizide sei hier im Landkreis aktuell, bestätigte Hornung. Er verwies auf das Gespräch mit Vertretern des Bauernverbandes und des Landwirtschaftsamtes sowie Landrat Wilhelm Schneider Mitte Januar in Kirchlauter, bei dem es unter anderem um dieses Thema gegangen war.
Die Landwirtschaft in der heutigen Form sei ein „Riesenproblem“, bemerkte Günter Friedmann, der Sprecher der Demeter-Imker. Dies sei nur durch Zusammenarbeit zu lösen, etwa zwischen Demeter und dem Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND). Von der Landwirtschaft als „Pestizideinbringer Nummer eins“ sprach Tomas Brückmann, Fachmann für Pestizide und Artenvielfalt beim BUND in Berlin. Wobei er seine Ausführungen als „Gesprächsangebot“ an die Landwirte verstanden wissen wollte, nicht als Anklage.
Der Biologe legte Zahlen vor, wonach der Einsatz von Pestiziden in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen hat. 43 300 Tonnen reiner Wirkstoff seien es im Jahr 2012 gewesen. Es würden immer gefährlichere Pestizide eingesetzt und immer mehr Flächen damit behandelt. Den gesetzlichen Vorgaben zufolge dürfen Pflanzenschutzmittel nicht angewandt werden, wenn sie schädliche Auswirkungen auf Mensch und Tier oder das Grundwasser haben. In diesem Zusammenhang kritisierte Brückmann die Zulassungsprüfung – unter anderem würden Kombinationswirkungen nicht berücksichtigt.
Die Wirkungen erläuterte der Fachmann unter anderem am Beispiel des Wirkstoffs Glyphosat, dem am meisten eingesetzten Breitbandherbizid. Eine Folge davon sei ein Nahrungsmangel in der Agrarlandschaft bei Bienen und Vögeln. Durch so genannte Neonicotinoide – Nervengifte – würde bei Bienen das Orientierungsvermögen gestört. Über die Nahrungskette sei nachweislich auch der Mensch betroffen.
Die Kritik von Tomas Brückmann richtete sich auch gegen die Hersteller von Pestiziden. Er sprach die Klage von drei Chemieunternehmen gegen das Verbot dreier Wirkstoffe aus der Gruppe der Neonicotinoide an, das die EU-Kommission erlassen hatte. Brückmann selbst forderte, Pestizide radikal zu reduzieren und die Anwendung wirkungsvoller zu kontrollieren.
Nötig sei aber auch eine Reform der Pestizidzulassung in Deutschland. Unter dem Stichwort „Was kann ich tun?“ rief er unter anderem dazu auf, sich für den Naturschutz zu engagieren und das Gespräch mit Landwirten zu suchen.
Mit dem Thema Nervengifte und ihre Auswirkungen hatte sich Imker Reiner Schäfer aus der Nähe von Freiburg ausführlich befasst. Eine seiner Erkenntnisse: Durch Nervengifte, die in vielen Lebensmitteln steckten und gerade auch in kleinsten Dosen wirksam seien, werde der Abbau von Acetylcholin blockiert. Dieser Botenstoff, der Informationen zwischen Nervenenden (Synapsen) überträgt, werde normalerweise abgebaut, nachdem er seine Aufgabe erfüllt habe. Schäfer stellte vorsichtig die Frage nach einem möglichen Zusammenhang zwischen dem vermehrten Einsatz von Pestiziden ab den 80er-Jahren und einer Zunahme von Demenzerkrankungen seit den 90er-Jahren.

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