Die Gefahren von Pestiziden nicht nur für Honigbienen waren der
Schwerpunkt eines Vortragsabends auf der Bettenburg. Anlass für die
öffentliche Veranstaltung am Freitag: Das Jahrestreffen der
Demeter-Imker aus dem deutschsprachigen Raum.
Neben den Teilnehmern der Tagung waren Imker aus der Region der
Einladung gefolgt. Für einen Fachmann wie Werner Hornung (Gemeinfeld),
Tiermediziner und Kreisvorsitzender des Deutschen Imkerbundes, brachte
der Abend „nichts Neues, es war eine gute Wiederholung“. Das Thema
Pestizide sei hier im Landkreis aktuell, bestätigte Hornung. Er verwies
auf das Gespräch mit Vertretern des Bauernverbandes und des
Landwirtschaftsamtes sowie Landrat Wilhelm Schneider Mitte Januar in
Kirchlauter, bei dem es unter anderem um dieses Thema gegangen war.
Die Landwirtschaft in der heutigen Form sei ein „Riesenproblem“,
bemerkte Günter Friedmann, der Sprecher der Demeter-Imker. Dies sei nur
durch Zusammenarbeit zu lösen, etwa zwischen Demeter und dem Bund für
Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND). Von der Landwirtschaft als
„Pestizideinbringer Nummer eins“ sprach Tomas Brückmann, Fachmann für
Pestizide und Artenvielfalt beim BUND in Berlin. Wobei er seine
Ausführungen als „Gesprächsangebot“ an die Landwirte verstanden wissen
wollte, nicht als Anklage.
Der Biologe legte Zahlen vor, wonach der Einsatz von Pestiziden in
den vergangenen Jahrzehnten zugenommen hat. 43 300 Tonnen reiner
Wirkstoff seien es im Jahr 2012 gewesen. Es würden immer gefährlichere
Pestizide eingesetzt und immer mehr Flächen damit behandelt. Den
gesetzlichen Vorgaben zufolge dürfen Pflanzenschutzmittel nicht
angewandt werden, wenn sie schädliche Auswirkungen auf Mensch und Tier
oder das Grundwasser haben. In diesem Zusammenhang kritisierte Brückmann
die Zulassungsprüfung – unter anderem würden Kombinationswirkungen
nicht berücksichtigt.
Die Wirkungen erläuterte der Fachmann unter anderem am Beispiel des
Wirkstoffs Glyphosat, dem am meisten eingesetzten Breitbandherbizid.
Eine Folge davon sei ein Nahrungsmangel in der Agrarlandschaft bei
Bienen und Vögeln. Durch so genannte Neonicotinoide – Nervengifte –
würde bei Bienen das Orientierungsvermögen gestört. Über die
Nahrungskette sei nachweislich auch der Mensch betroffen.
Die Kritik von Tomas Brückmann richtete sich auch gegen die
Hersteller von Pestiziden. Er sprach die Klage von drei
Chemieunternehmen gegen das Verbot dreier Wirkstoffe aus der Gruppe der
Neonicotinoide an, das die EU-Kommission erlassen hatte. Brückmann
selbst forderte, Pestizide radikal zu reduzieren und die Anwendung
wirkungsvoller zu kontrollieren.
Nötig sei aber auch eine Reform der Pestizidzulassung in Deutschland.
Unter dem Stichwort „Was kann ich tun?“ rief er unter anderem dazu auf,
sich für den Naturschutz zu engagieren und das Gespräch mit Landwirten
zu suchen.
Mit dem Thema Nervengifte und ihre Auswirkungen hatte sich Imker
Reiner Schäfer aus der Nähe von Freiburg ausführlich befasst. Eine
seiner Erkenntnisse: Durch Nervengifte, die in vielen Lebensmitteln
steckten und gerade auch in kleinsten Dosen wirksam seien, werde der
Abbau von Acetylcholin blockiert. Dieser Botenstoff, der Informationen
zwischen Nervenenden (Synapsen) überträgt, werde normalerweise abgebaut,
nachdem er seine Aufgabe erfüllt habe. Schäfer stellte vorsichtig die
Frage nach einem möglichen Zusammenhang zwischen dem vermehrten Einsatz
von Pestiziden ab den 80er-Jahren und einer Zunahme von
Demenzerkrankungen seit den 90er-Jahren.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen