Das Sammeln von Honig und Wachs hatte im Mittelalter einen anderen Namen: die
Zeidlerei,
auch Zedlerei genannt, der Imker hieß „Zeidler“. Der Beruf des Zeidlers
war sehr angesehen. Das Wort selbst wird vom Lateinischen abgeleitet. „
Excidere“
bedeutet „herausschneiden“, und damit war gemeint, dass man die gesamte
Honigwabe – ohne Rücksicht auf Verlust des Bienenvolks – entnommen bzw.
herausgeschnitten hat.
Imkerei war auch Glückssache – künstliche Baumhöhlen für Honigbienen
Auch
wenn Steinzeitvölker – oder heute noch Naturvölker – Honig sammelten,
so taten sie dies nicht erwerbsmäßig. Der Zeidler jedoch sammelte den
Honig und das Wachs wilder oder halbwilder Bienenvölker gewerbsmäßig im
Wald. Damals gab es noch keine gezimmerten Bienenstöcke oder
Bienenbeuten, sondern man hieb in alte Bäume
künstliche Höhlen,
die sich in ca. sechs Metern Höhe befanden. Der Eingang der Baumhöhle
wurde mit einem Brett zum besseren Anfliegen für die Bienen versehen.
Meist entwipfelte man noch den Baum, um die Gefahr des Windbruchs zu
bannen. Ob diese künstlichen Baumhöhlen tatsächlich von Honigbienen
bevölkert wurden, das hing vom natürlichen Umfeld ab und wechselte von
Jahr zu Jahr.
Große
Nadelholzgebiete waren
überaus wichtig für den Erfolg, denn Waldhonig wird von den Bienen aus
Honigtau gewonnen, den zuckerhaltigen Ausscheidungen von
unterschiedlichen Lachnidenarten. Das sind Läuse, die bei den passenden
Wetterbedingungen in großer Zahl hauptsächlich an Nadelbäumen vorkommen.
Im Mittelalter waren zum Beispiel das
Fichtelgebirge, der Nürnberger Reichswald
und der Grunewald bedeutende Bienen-Standorte. Bis der Rohrzucker von
den Anbaugebieten aus Übersee nach Europa kam, war Honig das einzige
Süßungsmittel. In und um Nürnberg war der Honig besonders wichtig für
die bekannte Lebkuchenproduktion, die lange Tradition hat. Aber auch das
Wachs war ein sehr begehrter und wertvoller Rohstoff für Kerzen, die
Beleuchtung der Reichen in Schlössern, Burgen, Klöstern und für Kirchen.
Privilegien für die Zeidler-Zunft
Die
Zeidler bildeten eine eigene Zunft mit einem Zeidlermeister. Seit dem
Jahr 1296 lässt sich in Feucht sogar eine eigene niedere Gerichtsbarkeit
nachweisen. Aus dem Jahr 1350 existiert ein „Zeidel Freyheit Brieff“,
der von
Kaiser Karl IV ausgestellt wurde. Darin wurden
dieser Berufsgruppe Privilegien bescheinigt. Als Zeichen dieser
Privilegien hatten die Vorsteher einen weißen Stab und die
Zunftmitglieder bekamen die Erlaubnis, in den Wäldern eine Armbrust als
Waffe zu führen. Das sollte nicht nur Wegelagerer oder Räuber
abschrecken, sondern damals gab es auch noch Bären, die den Menschen den
leckeren Honig streitig machten. Bekleidet waren die mittelalterlichen
Imker mit einer grünen Tracht und einer langen Zipfelmütze. Als
Gegenleistung für die verbrieften Rechte mussten die Zeidler den Kaiser
sicher durch den Nürnberger Reichswald geleiten. Außerdem war unter
anderem eine Abgabe von mehreren Zentnern Wachs pro Jahr an den
Stephansdom in Wien vereinbart. Das sogenannte „Zeidelrecht“ wurde in
späteren Jahrhunderten übrigens nie konkret aufgehoben, auch nicht in
der rechtlichen Neugestaltung während der Weimarer Republik.
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